Dynamik in den Alpen

Freitag, 01. Juni 2018
Post AG

Der Online-Handel in Österreich und der Schweiz entwickelt sich dynamisch weiter, vor allem Neueinsteiger sorgen für Bewegung. Nach aktuellen Marktdaten erwarten Experten weitere Umbrüche.

Sowohl in Österreich als auch in der Schweiz drücken die Zuwächse im E-Commerce dem Einzelhandel ihren Stempel auf, wie die aktuellen Zahlen zeigen. Aber auch die erfolgsverwöhnten Online-Händler stehen vor grossen Herausforderungen: neue Anbieter und immer grössere Ansprüche der Kunden verschärfen den Wettbewerb.

Ausland stürmt die Alpen

Im Schweizer E-Commerce wurden 2017 rund 8,6 Milliarden Schweizer Franken (CHF) erlöst – ein Plus von neun  Prozent. Insbesondere in den Nonfood-Sortimenten sei die Verschiebung vom stationären Einkauf zum Online-Einkauf «frappant», stellt die GfK fest. Der stationäre Handel hat seit 2010 fast acht Milliarden Franken an Nonfood-Umsatz eingebüsst, der Online-Handel hingegen 3,2 Milliarden CHF gewonnen. Die Preistransparenz und hohe Produktverfügbarkeit im Online-Handel sind laut GfK Treiber dieser Entwicklung. Am stärksten, wenn auch noch auf niedriger Basis, wächst der Umsatz der ausländischen E-Commerce-Anbieter in der Schweiz, nämlich 2017 um 23 Prozent auf 1,6 Milliarden CHF, wie die GfK berichtet. Dagegen konnten die Schweizer Online-Händler ihren Umsatz «nur» um 7,8 Prozent auf sieben Milliarden CHF steigern.

Mit einem Plus von zwölf Prozent auf über zwei Milliarden Franken Umsatz entwickelt sich die Warengruppe der Elektro- und HiFi-Geräte am schnellsten online, gefolgt von Wohnen (500 Mio. CHF/+ 11 %), Bekleidung und Schuhe( 1,66 Mrd. CHF / + 8%) und Lebensmitteln, deren Online-Umsatz 2017 um drei Prozent auf 910 Millionen Franken kletterte. Dagegen stagnierte der Online-Umsatz von Büchern und Audio, den einstigen Wachstumstreibern, bei 240 Millionen Euro. Diese Zahlen hat der Verband des Schweizerischen Versandhandels jüngst veröffentlicht.

Nutzer haben klare Vorstellungen, wie sie bezahlen möchten. In der Schweiz wird das Bestellen auf Rechnung und mit Kreditkarte klar bevorzugt. 40 Prozent der Kunden nutzen für ihre Einkäufe die Debitkarte von PostFinance.

Ähnlich wie in der Schweiz läuft die Entwicklung in Österreich: Nach Zahlen des österreichischen Handelsverbands kam der Online-Einzelhandel 2017 nach einem Plus von drei Prozent auf sieben Milliarden Euro Umsatz, das sind mehr als zehn Prozent des österreichischen Einzelhandelsumsatzes von rund 72 Milliarden Euro. Die eigene Volkswirtschaft profitiert davon laut Handelsverband allerdings nur bedingt, denn mit über 3,5 Milliarden Euro floss auch in Österreich mindestens die Hälfte der E-Commerce-Umsätze ins Ausland ab. Die Marktkonzentration hat in Österreich erstmals 2016 nicht weiter zugenommen, bleibt aber auf hohem Niveau, wie eine Studie des EHI Retail Instituts ausweist. So erwirtschafteten die zehn umsatzstärksten österreichischen Onlinehops mit zusammen 1,2 Milliarden Euro fast die Hälfte des Gesamtumsatzes der Top 250 (2,5 Mrd. Euro). Dennoch gibt es reichlich Bewegung: In Österreich schafften es 58 neue Onlineshops ins Ranking, von denen acht Shops sogar in die Top 100 vordringen konnten. Während überwiegend die Newcomer und die 150 grössten Shops vom Online-Boom profitieren, müssen viele kleinere Shops sogar Umsatzrückgänge hinnehmen. 

Logistik geht neue Wege

Österreichs Handelsunternehmen reagieren auf die neuen Rahmenbedingungen: Fast drei Viertel (73%) passen ihr Vertriebsmodell in den nächsten drei Jahren an. Jeder Zehnte (9%) möchte sein Unternehmen sogar vollkommen neu erfinden. Das sind Ergebnisse des «Retail Barometer Österreich», den das Beratungsunternehmen Contrast EY gemeinsam mit dem österreichischen Handelsverband erstellt hat. Immer mehr Händler bieten Click & Collect an und reagieren damit auf einen Trend: Bereits neun Prozent der Österreicher kaufen online und holen die Waren dann im Ladengeschäft ab (6 % im Vorjahr).

Auch in der Schweiz profitieren vorwiegend die Newcomer und die Shops auf den Plätzen 1 bis 150 vom Online-Boom, während auf den hinteren hundert Plätzen nur noch kleine einstellige Wachstumsraten erzielt werden. 

Der Verband des Schweizerischen Versandhandels (VSV) geht von einem fortschreitenden Wettbewerb rund um das schnellste und «bequemste» Paket aus. «Die Logistik ist die neue Paradedisziplin», sagen auch die Experten der GfK. Die Schweizer Post hat den Ball aufgegriffen: Sie investiert bis 2020 rund 150 Millionen CHF in drei neue Verteilzentren und testet technische Innovationen. Vielversprechend liefen die Tests von Lieferrobotern in Zürich und Dübendorf. Jetzt wartet die Post in der Schweiz auf eine gesetzliche Grundlage, die Fahrten ohne Begleitperson auf öffentlichem Grund ermöglicht.

Die Analyse der Mehrkanal-Aktivitäten der Top-250-Onlineshops in Österreich und in der Schweiz zeigt, dass die Anzahl der Multichannel-Händler im Ranking beider Länder ein wenig rückläufig ist. In Österreich setzen noch 99 Onlineshops auf das Multichannel-Model, das heisst, sie verfügen zusätzlich zum Onlineshop über stationäre Filialen oder einen Print-Katalog. Das sind zehn Shops weniger als im Vorjahr. Auch die Verbreitung von Cross- und Omnichannel-Commerce ist in Österreich leicht gesunken. Bei 60 Shops lässt sich eine Verknüpfung der Kanäle erkennen, im Vorjahr waren es noch 65 Shops. Somit sind in Österreich die Online-Pureplayer, die mit 91 Shops im Ranking vertreten sind, mit den Multichannel-Händlern mittlerweile fast gleichauf. In der Schweiz haben die 102 Singlechannel-Händler die Multichannel-Händler, die noch mit 96 Shops vertreten sind, in diesem Jahr sogar quantitativ überholt und dominieren damit das Ranking. Auf das Omnichannel-Modell setzen im Ranking der Schweiz noch 52 Onlineshops. Letztes Jahr waren es noch rund 60 Shops mit Kanalverknüpfung.

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Info

Eine mobile Variante der Onlineshops wird in den Alpenländern zum Standard

Schon im Jahr 2016 hat sich abgezeichnet, dass Mobile im Onlinehandel  endgültig zum Pflichtprogramm geworden ist. Dieses Fazit zieht das EHI Retail Institute aus seiner Studie «E-Commerce-Markt Österreich/Schweiz 2017». Die Studie hat die jeweils 250 umsatzstärksten Onlineshops untersucht. Unter den Shops im österreichischen Ranking bieten nur noch 7 Singlechannel-Händler keine mobile Variante ihres Shops an, im Vorjahr waren es noch 13. Von den 250 grossen Online-Pureplayern in der Schweiz haben nur 10 Händler ihren Onlineshop nicht für mobile Endgeräte angepasst.