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Ein gutes Konsumklima treibt auch die Nachfrage von Tabakwaren an. Das zeigte sich im Jahr 2017. Die Branche richtet sich auf einen weiterhin stabilen Konsum ein, sieht aber die E-Zigarette als Wachstumstreiber.
Ein gutes Konsumklima treibt auch die Nachfrage von Tabakwaren, das zeigte sich 2017. Die Branche richtet sich auf einen weiterhin stabilen Konsum ein – sieht aber die E-Zigarette als Wachstumstreiber.
Eine aufgrund der Zuwanderung steigende Bevölkerungszahl, ein Einkommensplus von 3,5 Prozent bei moderater Inflationsrate (+ 1,7%) und niedriger Arbeitslosigkeit (5,7%) – das waren aus Sicht von British American Tobacco (BAT) Deutschland 2017 die Treiber im Tabakwarenmarkt. Wie das Statistische Bundesamt ausweist, wurden im vergangenen Jahr Tabakwaren mit einem Kleinverkaufswert (Verkaufswert im Handel) von 25,9 Milliarden Euro versteuert, 0,8 Milliarden Euro oder 3,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Mehr Geld im Portemonaie führt offenbar auch dazu, dass Raucher zu höherwertigen Produkten greifen. Während 2017 der Absatz von vergleichsweise preiswerten Produkten wie Feinschnitt (- 3,7 %) und Zigarren/Zigarillos (- 7,4 %) zurück ging, stieg die Nachfrage nach Fabrikzigaretten um 1,1 Prozent. Die Marktforscher von BAT zählen in Deutschland zwölf Millionen Zigarettenraucher und fünf Millionen Feinschnitt-Verwender.
Neue Chancen für den LEH
Über die Entwicklung ihrer Marken bewahren die Hersteller hartnäckig Stillschweigen. Eine Ausnahme machte zuletzt BAT und berichtete über ein «hervorragendes Jahr 2017». Im Wettbewerbsumfeld sei das Unternehmen mit einem Absatzplus von 0,8 Prozentpunkten bei «Total Tobacco», also Fabrikzigarette und Feinschnitt, der am schnellsten wachsende Hersteller in Deutschland gewesen. Wachstumstreiber seien die grossen BAT-Marken Lucky Strike und Pall Mall.
Eine spannende Frage ist derzeit die weitere Entwicklung der sogenannten Next Generation Products (NGP). E-Zigaretten und andere NGP befinden sich klar im Aufwärtstrend, auch wenn dieser Markt aufgrund der beratungsintensiven Produkte bisher vom grössten Absatzmittler, dem LEH, kaum bedient wird. Der Umsatz von E-Zigaretten ist nach BAT-Zahlen von 2015 bis 2017 um 40 Prozent auf rund 400 Millionen Euro gestiegen. Dass NGP kein kurzfristiger Trend sind, sondern eine langfristige Perspektive bieten können, zeigt die «Next Generation Products Shopper Study» von Nielsen. Danach erfüllen NGP drei grosse Konsumentenbedürfnisse, die herkömmliche Tabakprodukte nicht befriedigen können:
- Erstens: Gesundheitsrisiken minimieren. 34 Prozent der NGP-Verwender möchten mit den neuen Nikotinprodukten ihr Gesundheitsrisiko reduzieren.
- Zweitens: Konsumfreiheit. 48 Prozent mögen besonders, dass sie die neuen Nikotinprodukte vielerorts verwenden können und andere nicht belästigen
- Drittens: Geschmacksvielfalt. Lediglich 33 Prozent aller verkauften E-Liquids sind mit Tabakgeschmack.
Gleichwohl bedeuten Next Generation Products keine Revolution, die den traditionellen Markt über Nacht abschaffen wird, denn sie ersetzen derzeit nicht den klassischen Tabakkonsum: 77 Prozent aller NGP-Nutzer rauchen parallel Tabakprodukte, wie der TNS Kantar Track ausweist. «Es deutet kein Signal im Markt auf das Ende der klassischen Zigarette hin», kommentiert Reemtsma die Situation. «Aber alle Zeichen bestätigen den Wunsch der Konsumenten nach Optionen und Alternativen zur klassischen Zigarette.» Reemtsma geht davon aus, dass es 1,5 bis zwei Millionen E-Zigaretten-Nutzer in Deutschland gibt.
Ausbau des E-Zigaretten-Marktes
Neben zahlreichen anderen Anbietern – die Industrie spricht von mehr als 200 Herstellern mit einem Vielfachen an Systemen – engagieren sich von den Grossen der Tabakbranche BAT und Philip Morris sowie neuerdings auch Reemtsma in diesem Markt. Ihr Versprechen an Handel und Verbraucher: Als grosse bekannte Markenanbieter biete man in diesem fragmentierten Markt Orientierung, Einfachheit und Sicherheit der Marke.
Anfang 2016 hat BAT die E-Zigarette Vype auf den deutschen Markt gebracht und seitdem die Varianten weiter ausgebaut, zuletzt Ende 2016 mit dem kompakten Vype Pebble. 2017 zog Philip Morris nach und lancierte in Deutschland das Tabakerhitzersystem IQOS. Im April 2018 wurde mit der Version 2.4+ die erste Weiterentwicklung mit technischen Verbesserungen vorgestellt. Philip Morris beziffert die aktuelle Zahl der IQOS-Nutzer auf weltweit mehr als fünf Millionen. Auch JTI hat 2017 eine E-Zigarette in Deutschland eingeführt, das System Logic PRO. Im April 2018 sprang auch Reemtsma auf den NGP-Zug auf und stellte die E-Ziga¬ret¬te myblu auf dem deutschen Markt vor.
Anfang 2016 hat BAT die E-Zigarette Vype auf den deutschen Markt gebracht und seitdem die Varianten weiter ausgebaut, zuletzt Ende 2016 mit dem kompakten Vype Pebble. 2017 zog Philip Morris nach und lancierte in Deutschland das Tabakerhitzersystem IQOS. Im April 2018 wurde mit der Version 2.4+ die erste Weiterentwicklung mit technischen Verbesserungen vorgestellt. Im April dieses Jahres sprang auch Reemtsma auf den NGP-Zug auf und stellte die E-Zigarette myblu auf dem deutschen Markt vor.
Nahversorgung als Chance für traditionellen Handel
BAT, JTI und Reemtsma betonen, dass sie über die E-Zigarette nicht ihr angestammtes klassisches Geschäft vernachlässigen wollen. «Uns geht es vor allem darum, dass Konsumenten selber entscheiden, was sie geniessen möchten. Deshalb investieren wir weiterhin in die Entwicklung aller Kategorien und die entsprechende Unterstützung unserer Handelspartner», sagt Andreas Thoma, Nationaler Vertriebsdirektor von BAT Germany. Bei Reemtsma teilt man diese Auffassung. Vorstandssprecher Micha¬el Kaib: «Mit dem Eintritt in den E-Zigarettenmarkt in Deutschland tragen wir dem Konsumentenwunsch nach einer gesundheitsbewussteren Alternative Rechnung. Dies ändert nichts daran, dass klassische Tabakwaren heute noch immer unser Kerngeschäft sind. Wir werden nicht so tun, als wenn dies plötzlich nicht mehr der Fall wäre.» Und Hendrik Biergans, Manager Politik & Kommunikation bei JTI, stellt fest, dass die E-Zigarette in Deutschland zwar immer mehr nachgefragt wird, parallel dazu jedoch ein Grossteil der Verbraucher weiterhin auch klassische Produkte konsumiert. Biergans: «Dementsprechend ist JTI von der Möglichkeit einer Koexistenz überzeugt.»
Heute werden rund 70 Prozent des E-Zigarettengeschäfts über nicht traditionelle Kanäle wie Vape Stores und Online abgewickelt. Allerdings ist die tägliche Nahversorgung und Beratung eine Chance für den traditionellen Handel, seinen Marktanteil nachhaltig auszubauen und vom Geschäft mit E-Zigaretten zu partizipieren. Bei der Entwicklung von sb-fähigen Präsentationssystemen für den LEH stehen Anbieter und Händler noch am Anfang. Nach Beobachtung von BAT befassen sich aber viele Handelsunternehmen mit diesem Thema. Obenan stehe zunächst die Frage: «Will ich als Händler NGP oder nicht?» Die Fachleute von BAT sehen ein Shop-in-Shop-System mit Beratung als die beste Lösung, denn NGP sei ja kein singuläres Produkt, sondern ein «technischer Baukasten».